BLE Audio - der aktuelle Stand der Dinge
Bluetooth Low Energy Audio ist mittlerweile vielen ein Begriff. Aber was ist das genau? Es gibt viele Missverständnisse darüber, was BLE Audio ist und was heute verfügbar ist. Dieser Artikel erklärt, wo wir mit der Technologie wirklich stehen und was Nutzer brauchen, um sie zu implementieren.
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Beginnen wir damit, warum BLE bisher über keine Audiofunktion verfügte. Bluetooth Low Energy wurde für IOT-Anwendungsfälle entwickelt, bei denen relativ seltene Datenübertragungen anfallen, aber ein geringer Stromverbrauch erforderlich ist. Das klassische Bluetooth bot hierfür keine optimale Lösung, da es eine kontinuierliche Verbindung erforderte. Daher mussten sich die Geräte während der Verbindung im Zustand ‚Radio On‘ befinden. BLE ermöglicht es den Geräten, zwischen den Verbindungen in den Ruhezustand zu gehen und so Strom zu sparen.
Low Energy und klassisches Bluetooth zusammenbringen
Der Audiobereich ist etwas anders. Für die Übertragung von Audiodaten ist in der Regel eine kontinuierliche und relativ hohe Datenrate erforderlich. Die Zusammenführung dieser beiden Bluetooth-Stränge war komplex und erforderte eine Reihe von Schritten, die im Folgenden beschrieben werden.
Bei einem Standard-Datenübertragungsprotokoll wird im Falle eines Paketfehlers die Übertragung normalerweise ein paar Mal wiederholt, bis sie erfolgreich ist. Bei einem Streaming-Protokoll ist es wichtig, dass die Daten mit einem Zeitstempel versehen werden, und dass fehlende Pakete weggelassen werden, anstatt sie erneut zu senden. Auf diese Weise kann es zwar zu gelegentlichen Störungen in einem Audiostrom kommen, aber das Timing wird nicht gestört. Dies ist in BLE 5.2 unter dem Namen Isochronous Channels implementiert.
Streaming mit mehreren Kanälen
BLE 5.2 geht beim Streaming einen Schritt weiter als Bluetooth classic, indem es die Möglichkeit bietet, mehrere synchrone Kanäle zu übertragen. Bluetooth-Stereo-Headsets der aktuellen Generation müssen das Stereosignal an eine Hörmuschel übertragen und dann den entsprechenden Monokanal an die andere Hörmuschel senden. Das ist ineffizient und einschränkend. Im Gegensatz dazu ist es mit Bluetooth 5.2 möglich, viele Kanäle von einem einzigen Gerät zu übertragen, um beispielsweise 5-Kanal-Surround-Sound für das Heimkino zu erzeugen.
Ein weiterer Aspekt zur Bearbeitung waren die Beschränkungen der Datenrate von BLE. Das klassische Bluetooth EDR (Enhanced Data Rate) bietet theoretische Geschwindigkeiten von bis zu 3 Mbits/s. Bluetooth Low Energy ist auf 2 MBit/s begrenzt. Wie oben erwähnt, wollen wir mehrere Kanäle einbeziehen. Wir müssen bedenken, dass die Geschwindigkeiten nur theoretisch sind. In der realen Umgebung der 2,4-GHz-HF-Signale um den Körper herum, werden die tatsächlichen Geschwindigkeiten wahrscheinlich viel niedriger sein.
Neuer Codec
Um dieses Problem zu lösen, entwickelte man einen neuen CODEC-LC3. Codecs komprimieren Audiodaten, um sie zu verkleinern und damit leichter übertragbar zu machen. Audiocodecs, die auf drahtlose Anwendungen ausgerichtet sind, sind in der Regel verlustbehaftet. Das bedeutet, dass sie die Audioqualität verringern, aber so konzipiert sind, dass sie die größtmögliche Datenkomprimierung mit dem geringsten hörbaren Unterschied in der Klangqualität durchführen. Dies ist sowohl eine Kunst als auch eine Wissenschaft, da es mehr auf das wahrgenommene Hörerlebnis, als auf harte Komprimierungskennzahlen ankommt.
Der LC3-Codec soll in blinden Hörtests eine bessere wahrgenommene Audioqualität bieten als bestehende Codecs (z. B. SBC) bei der Hälfte der Datenrate. So ist es selbst bei 192 kBit/s möglich, Audiosignale in hoher Qualität zu übertragen, besser als ein 384 kBit/s SBC-Stream. Dies stellt einen großen Vorteil dar und ermöglicht die Übertragung von Audiosignalen in hoher Qualität trotz des geringeren Durchsatzes von BLE. Beachten Sie, dass dieser Codec nicht speziell Teil von BLE Audio ist, obwohl er eindeutig mit diesem Ziel entwickelt wurde. Er kann für jede Art von Audioübertragung verwendet werden.
Verfügbare Geräte
Die Kerntechnologie ist damit abgedeckt, aber was ist mit den Geräten? Es gibt jetzt BLE 5.2-kompatible Geräte. Heißt das, Sie können eines kaufen, einstecken und mit dem Audio-Streaming beginnen? Das ist etwas komplizierter. Erstens bedeutet Bluetooth 5.2-kompatibel nicht, dass alle Bluetooth 5.2-Funktionen implementiert sind. Vergewissern Sie sich also, dass alle Funktionen, insbesondere die isochronen Kanäle, implementiert und verfügbar sind.
Zweitens muss eine LC3-Codec-Implementierung verfügbar sein. Beachten Sie, dass diese nicht Teil von BLE-Audio an sich sind. Sie müssen auch sicherstellen, dass das Gerät über genügend Leistung verfügt, um den Codec auszuführen. Sie sind speicher- und prozessorhungrig. Daher haben nur die leistungsstärkeren Geräte die Kapazität sie auszuführen, oder Sie benötigen einen zweiten Prozessor/DSP, um dies zu tun. Außerdem müssen Sie für jeden Kanal einen unabhängigen Codec gleichzeitig betreiben, z. B. zwei gleichzeitig für Stereoton.
Schließlich ist es unwahrscheinlich, dass Ihr typisches BLE-Gerät über einen Analog-Digital-Wandler von ausreichender Qualität verfügt, um ein analoges Signal zu erfassen und/oder auszugeben, das für eine hohe Audioqualität geeignet ist, ganz zu schweigen von der Implementierung fortschrittlicher Funktionen wie Rauschunterdrückung und so weiter. Daher ist in den meisten Fällen ein hochwertiger Analog-Digital-DSP erforderlich, um das über die Bluetooth-Verbindung übertragene digitale Signal zu erzeugen und zu verarbeiten.
In der Praxis ist die neueste Generation von Bluetooth-Silizium - oft mit Dual-Core-Prozessoren mit hoher Spezifikation (z. B. ARM M33-Kern) und großer Flash- und RAM-Kapazität - auf diese Art von Anwendungen ausgerichtet. Bei Geräten der älteren Generation, die auf Bluetooth 5.2-Konformität aufgerüstet wurden, ist jedoch Vorsicht geboten. Viele von ihnen sind für diese Aufgabe unzureichend.
Der Stand der Dinge
Zurück zur Kernfrage: Wie ist der tatsächliche Stand der Dinge bei BLE Audio?
Die Standards sind vorhanden und der neue Audiostandard stellt eine deutliche Verbesserung gegenüber der bestehenden Bluetooth-Audio-Implementierung mit Mehrkanal-Streaming dar. Ein neuer Codec bietet eine hohe Audioqualität bei niedrigeren BLE-freundlichen Datenraten. Es sind bereits hochleistungsfähige Geräte der nächsten Generation verfügbar, die den Kern von BLE-Audio implementieren können. Es werden jedoch wahrscheinlich noch zusätzliche Komponenten benötigt. Das letzte Teil des Puzzles, das es zu lösen gilt, sind die Softwareimplementierungen. Das wird von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich sein, aber 2022 sollte das Jahr sein, in dem BLE-Audio-Implementierungen wirklich verfügbar werden.
* Dr. Nick Wood ist Direktor im Vertrieb und Marketing bei Insight Sip.